Handschriftliche Chronik von 1816-1952 - 1942-1943

Beitragsseiten

1942

3. Januar
Rodelschlitten
Der Landrat von Delitzsch macht bekannt, daß sämtliche Rodelschlitten, die sich sowohl in Privathänden als auch bei Stellmachern in Fabriken oder Geschäften befinden, beim zuständigen Bürgermeister zum Ankauf durch die Wehrmacht abzuliefern sind. Der Bürgermeister von Delitzsch weist in einer Bekanntmachung darauf hin, daß als Ablieferungsstelle für Delitzsch die Jahn-Turnhalle in der Bitterfelder Straße vorgesehen ist. Jeder Rodelschlitten muß mit einem dauerhaften Zettel versehen sein, auf dem die genaue Anschrift des Ablieferers steht.

13. Januar
Sammlung
Die vom Führer angeordnete Woll-, Pelz- und Wintersachensammlung für die Ostfront hat mit Sonntagabend auch im Kreise Delitzsch ihr Ende gefunden. Sie wurde auch für unseren Kreis ein beispielloser Erfolg, ein einzigartiges Bekenntnis zur deutschen Volksgemeinschaft. Wenn im Kreis Delitzsch 63071 Stück Wintersachen gegeben wurden, so bedeutet das, daß alle Erwartungen, die in diese Sammelaktion gesetzt wurden, bei weitem übertroffen worden sind.

25. Januar
Feierstunde
Dem Gedenken Friedrich des Großen, der am 24. Januar vor 230 Jahren geboren wurde, wurde heute am Sonntag den 25. Januar vormittags 10 Uhr in der Aula der Oberschule eine besondere Feierstunde gewidmet. Die Wächter'sche Kapelle umrahmte stimmungsvoll die Feierstunde mit einem Satz aus der Sinfonie in F-dur von Händel, dem "Largo" und dem Hohenfriedeberger Marsch. Kreisamtsleiter Ahrens hielt die Festrede und zeichnete ein lebensvolles Bild des großen Königs. Seine heroische Willenskraft, die über alles den Sieg davon trug, das gleiche Schicksal das 1740 und 1940 zwei überragende Führerpersönlichkeiten zwang, den Staat gegen seine Nachbarn zu verteidigen und daraus die Zukunft zu gewinnen, gab Veranlassung, Parallelen zu unserer heutigen Zeit und Adolf Hitler zu ziehen.

27. Januar
Kindergärten
Die Kindergartenarbeit ist in Delitzsch in den letzten Jahren von besonderer Bedeutung geworden, wurde doch mit dem 1. September 1939 der Privatkindergarten von Fräulein Pabst von der NSV übernommen und auch der Kindergarten der Ortsgruppe West, Hallesche Straße, neu gestaltet. Wir haben weiter noch den Kindergarten im Schloß, der mit seinen 110 Plätzen größer als der von Fräulein Pabst geleitete oder der Kindergarten der Ortsgruppe West (mit 25 Kindern) ist. Der frühere Privatkindergarten ist zur Aufnahme von 60 Kindern in der Lage. Die größere Zahl der Kinder im Schloß wird von einer Leiterin und sieben Helferinnen betreut. In den Kindergärten können Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren aufgenommen werden, während in den Horten die größeren Kinder Betreuung finden. Diese größeren Kinder erledigen hier ihre Schularbeiten und führen danach mit anderen Kindern gemeinsame Spiele aus. Im Kindergarten im Schloß findet auch mittags eine Speisung statt.

29. Januar
Betr. Neubauten
Die letzten nassen Jahre haben viele alte Lehmbauten so in Mitleidenschaft gezogen, daß sie in absehbarer Zeit einzustürzen drohen. Da aber jetzt während des Krieges Neubauten nur ganz beschränkt errichtet werden dürfen, muß darauf Bedacht genommen werden, diese alten Gebäude vor dem Einsturz zu sichern. Anträge auf Neubau müssen meist abgelehnt werden. Vor Anfertigung eines Bauantrages soll sich jeder erst von der technischen Dienststelle der Baugenehmigungsbehörde – Staatshochbauamt Delitzsch im Landratsamt – beraten lassen.

2. Februar
Reisebericht um 1800
Ein Reisender, der ums Jahr 1800 die deutschen Lande durchreiste, kam auch nach Delitzsch. In einem Bericht erzählt er von den Eindrücken, die er von Delitzsch damals erhalten hat folgendes: "Ich kam nach Delitzsch, einer alten Stadt, die im 14. Jahrhundert mit Graben und Mauern umgeben wurde. Innerhalb der Ringmauer befindet sich ein kurfürstliches Schloß nebst Garten, die einen besonderen Teil der Stadt ausmachen und wie zu Leipzig die Pleißenburg mit einem Thore versehen sind. Gegenwärtig ist es der Sitz des Justiz- und Rentamtes. Die Stadt hat mit Einschluß der Rathsvorstadt 389 Häuser und 2500 Einwohner. Der aus acht Gliedern bestehende Stadtrath, von dem jedes Jahr vier Rathsmitglieder das Stadtregiment verwalten, hat die Ober- und Erbgerichte nebst den Patronatsrecht über drei Kirchen. An der lateinischen Schule amtieren fünf und an der Mädchenschule ein Lehrer; in dem wohleingerichteten Hospitale zu St. Georgen vor dem Halleschen Thore werden beständig 20 einheimische Arme unterhalten. Die Hauptnahrung der Stadt ist die Bierbrauerei, die ehedem weit beträchtlicher war, obgleich das Bier, Kuhschwanz genannt, nicht die jetzige Güte hatte, an der es dem Merseburger gleich kommt. Es werden gegenwärtig ungefähr 1.100 Faß gebraut, die theils in der Stadt, theils in den umliegenden Dörfern verbraucht werden. Die Strumpfmanufaktur, die jährlich gewöhnlich 400 Dutzend Paare theils Weiße, theils farbige grobe Strümpfe in und um Delitzsch herum stricken läßt, treibt damit außer auf den drei Jahrmärkten auf den benachbarten Märkten, den Leipziger Messen und im Auslande einen anschaulichen Handel. An den Wochenmärkten werden hier auch sehr viele Gartengewächse zu wohlfeilen Preisen von den Stadt- und Landbewohnern gekauft, weil letztere keine besonderen Küchengärten haben, und fast das ganze Jahr hindurch werden von den umliegenden Dörfern besonders den Anhaltischen, junge Schweine und Ferkel zum Verkauf gebracht. Der Ackerbau ist allein wegen des guten Bodens sehr einträglich. Endlich ist auch noch der hiesigen Postexpedition und der mehr als hundert Jahren hier bestehenden Buchdruckerei, zu gedenken. Zur Erholung der Einwohner sind um die Stadt herum Linden- und Weidenalleen angelegt worden, die aber den Leipzigern nicht gleichkommen."

27. Februar
Schwedensignale
Auf Veranlassung des Heimatvereins erklingen die "Schwedischen Reitersignale" nun wieder vom Breiten Turm herab. Damit ist ein alter schöner Brauch, der bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges ständig geübt wurde, wieder aufgelebt. Die Signale werden jeweils am ersten Sonntag im Monat um 11 Uhr vormittags geblasen.

1. März
Wohnungstausch
Der Mieterschutzverein Delitzsch e.B. hat in diesem Jahre eine Wohnungs-Tauschnachweisstelle eingerichtet, welche den Tauschinteressenten die Möglichkeit geben soll, auf kürzerem Wege einen Wohnungstausch durchzuführen. Durch Eintragung bei der Tauschnachweisstelle des Mietervereins werden den Tauschsuchenden vorhandene Tauschwohnungen nachgewiesen.

3. März
Neue Alarmanlage
Am morgigen Mittwochvormittag 10 Uhr wird die Luftschutzalarmanlage der Stadt Delitzsch einer Probe unterzogen. Als Signal wird "Entwarnung" gegeben, also ein hoher gleichbleibender Dauerton.

16. März
Heldengedenktag
Am gestrigen Heldengedenktag wurde der gefallenen Helden in Delitzsch in sinniger Weise gedacht. Im Mittelpunkt der Veranstaltungen stand eine Heldengedächtnisfeier im "Schützenhof" vormittags 9 Uhr, wozu den erwachsenen Angehörigen der toten Soldaten des Weltkrieges und des gegenwärtigen Krieges besondere Sitzplätze eingeräumt waren. Vor dieser Feierstunde war eine Kranzniederlegung in der Kriegergedächtniskirche, um 10.30 Uhr fand dann eine weitere Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal am Hallischen Turm statt. Auf den Dienstgebäuden der Wehrmacht wurde von 8 bis 19 Uhr die Reichskriegsflagge gehißt. Um 9 Uhr vormittags zog außerdem am Kriegerdenkmal am Hallischen Turm ein Doppelposten auf, der bis 16 Uhr die Ehrenwache hielt.

20. März
Hitlerjugend
Auf Grund des Gesetzes über die Hitlerljugend vom 1. Dezember 1936 wurde die Hitlerjugend zur Staatsjugend erklärt. Jeder deutsche Junge ist somit verpflichtet, in der Jugendbewegung Adolf Hitlers Dienst zu tun. Er wird nach dem Willen des Führers acht Jahre lang weltanschaulich und politisch geschult, vormilitärisch ausgebildet und nach nationalsozialistischen Grundsätzen erzogen bis dann die Tüchtigsten von ihnen in die Partei überwiesen werden. Um auch alle Jugendlichen zum Dienst zu erfassen, finden gegenwärtig in Delitzsch Erfassungsappelle statt. Am Mittwochvormittag waren deshalb die Jugendlichen der Jahrgänge 1924 und 1925 der Stadt Delitzsch zu solch einem Musterungsappell einberufen.

1. April
Volksbank
Die Generalversammlung der Volksbank Delitzsch fand Montag den 30. März in "Stadt Berlin" unter Leitung des Vorsitzenden des Aufsichtsrates Kreishandwerksmeister Hermann Mietzsch statt. Über das abgelaufene 92. Geschäftsjahr (gab d.A.) der Geschäftsführer der Volksbank Hoffmeyer den Bericht des Vorstandes. Darin konnte mit Genugtuung festgestellt werden, daß die Volksbank im Jahre 1941 eine weitere beachtliche Aufwärtsentwicklung erlebt hat. Die Bilanzsumme stieg im Jahre 1941 von 3.093.129,95 RM auf 4.087.006,43 RM. Der Zuwachs betrug demnach rund 994.000 RM. Der Gesamtumsatz betrug 46.627.816,20 RM und lag etwas über dem Vorjahre. Die Spareinlagen vermehrten sich um 43,4 v.H. Die Volksbank hat sich ebenfalls mit Erfolg in die kriegswichtige Aktion des "Eisernen Sparens" eingeschaltet. Der Reingewinn betrug nach Abschreibungen von 8.882,65 RM noch 17.009,14 RM. Davon wird auf die Mitgliederguthaben, wie auch in den letzten Jahren 5 v.H. Dividende = 12.427,02 RM vergütet. Die satzungsgemäß aus dem Aufsichtsrat ausscheidenden Mitglieder Kreishandwerksmeister Hermann Mietzsch und Stadtoberinspektor Georg Schimpf werden einstimmig wiedergewählt.

4. April
Statistik
Nach einer aufgestellten Statistik hat sich die Heiratsaussicht der Delitzscherinnen in den letzten Jahren verbessert. Während früher immer ein weiblicher Überschuß vorhanden war, so hat sich das Verhältnis zu Gunsten der Frauen verbessert. So stand das Verhältnis der Männer zu den Frauen 1919 noch 1000 : 1101, im Jahr 1933 nur noch 1000 : 1058. Stärkere Säuglingssterblichkeit bei den Knaben, Berufsunfälle und auch der Krieg verringerten die Zahl der männlichen Personen weiterhin. Das war in den früheren Jahren der Fall als - abgesehen vom Krieg – der Kampf gegen die Säuglingssterblichkeit und Unfallgefahr noch nicht so intensiv war wie heute. Heute herrscht daher bei den unter 20jährigen bereits ein erheblicher Knabenüberschuß und auf 1000 männliche Personen kommen nur 965 weibliche.

8. April
Haushaltsplan 1942
Bürgermeister Dr. Frey hatte die Gemeinderäte zu einer Sitzung zusammengerufen, um noch vor seiner Einberufung zur Wehrmacht den Haushaltsplan von 1942 zu verabschieden. Der vorgelegte Haushaltsplan ist ausgeglichen. An größeren einmaligen Ausgaben sind nur die Kosten der Erweiterung der Schweinemästerei in Beerendorf mit 5000 RM zu erwähnen. Mit Rücksicht auf die Verwertung sämtlicher Abfälle ist die Erweiterung der Schweinemästerei im Interesse der Volksernährung unbedingt notwendig. Der Haushaltsplan wurde genehmigt. Die Gemeinderäte haben auch allen anderen vorgelegten Angelegenheiten zur Annahme empfohlen.

Stadtrat Scharf
In der Sitzung der Gemeinderäte fand auch die Amtseinführung des Stellvertreters des Bürgermeisters, Stadtrat Scharf statt. Inzwischen hat Stadtrat Scharf sein Amt angetreten. Die Führung des Wohnungsamtes in fachlichen Angelegenheiten übernimmt Stadtrat Freitag.

18. April
Auszeichnung
Wiederum wurde ein Delitzscher mit einer hohen Auszeichnung für hervorragende Tapferkeit vor dem Feind bedacht. Das Deutsche Kreuz in Gold verlieh der Führer an Günter Lucas, Oberleutnant in einem Gebirgsjägerregiment. Oberleutnant Lucas machte 1933 an der hiesigen Oberschule sein Abitur. Er ist der Sohn des hiesigen Lehrers Martin Lucas, Bismarckstraße 17.

19. April
Radfahren
Mit Rohstoffen muß gerade im Kriege schonend umgegangen werden. Die Mahnung muß immer wieder erhoben werden. Ein besonderes Wort sei an die Radfahrer gerichtet. Mit ihren Rädern verfügen sie über ein Verkehrsmittel, das der besonderen Schonung und pfleglicher Behandlung bedarf. Es ist z.B. nicht mehr angängig mit dem Fahrrad große Spazierfahrten zu unternehmen und dabei den Gummi abzufahren. Das können wir uns in den gegenwärtigen Zeiten nicht leisten. Und die Jugend sollte sich gleichermaßen befleißigen, die Reifen zu schonen. Daß Kinder die Fahrräder benutzen, nur um ihrem Fahreifer zu huldigen, verbietet sich von vornherein. Das Rad ist heute hauptsächlich für den werktätigen Volksgenossen da, der seinen Arbeitsort zu Fuß schlecht erreichen kann oder abgelegen von seiner Arbeitsstätte wohnt. Alle anderen sollten sich Selbstbeschränkung auferlegen, um Rohstoff sparen zu helfen.

1. Mai
Beförderungen
Der Hauptwachtmeister der Schutzpolizei Buchau ist mit Wirkung vom 1. Mai zum Meister der Schutzpolizei befördert worden. Die Wachtmeister Exner und Kohles wurden zu Oberwachtmeistern der Schutzpolizei befördert.

2. Mai
Kindergärten
Im Kreis Delitzsch sind bis heute 82 Kindergärten, die im vorigen Winter von 2800 Kindern besucht wurden.

10. Mai
K.d.F. Wagen
Trotz des Krieges wird das Sparen für den K.d.F. Wagen ungehindert fortgesetzt, und zahlreiche Neubestellungen während dieser Zeit zeigen das Vertrauen, das die Öffentlichkeit in den K.d.F. Wagen setzt, dessen zivile Produktion erst nach dem Sieg aufgenommen wird. Um aber einen lebendigen Kontakt zwischen den Sparern und ihren Kd.F. Wagen schon jetzt zu schaffen, hat das Volkswagenwerk ein Handbuch unter dem Titel "Der K.d.F. Wagen von A bis Z" herausgegeben. Erhältlich ist dieses Handbuch nur über die Kreisdienststellen der NS Gemeinschaft "Kraft durch Freude".

18. Mai
Muttertag
Der gestrige Muttertag wurde in Delitzsch zum Anlaß einer besonderen Ehrung für die deutsche Mutter genommen. Die Ortsgruppen der NSDAP hatten die zu ehrenden Mütter unserer Stadt zu einer Feierstunde in die Aula der Oberschule eingeladen, wo den Müttern im Rahmen eines feierlichen Weiheaktes das Ehrenkreuz der deutschen Mutter überreicht wurde. Der Festsaal der Oberschule war zweckentsprechend festlich dekoriert. Umrahmt wurde die Feier durch Gesänge eines Mädchenchors. Nach einer Ansprache an die Mütter erfolgte die feierliche Ausgabe der Ehrenkreuze der deutschen Mutter, die von den Ortsgruppenleitern der vier Delitzscher Ortsgruppen mit herzlicher Beglückwünschung vorgenommen wurde.

26. Mai – 1. Juni
Schützenfest 1942
Das diesjährige Schützenfest in Delitzsch wurde traditionell wie die Vorjahre in der Pfingstwoche begangen. Doch wurde den Kriegsverhältnissen Rechnung getragen, und so hatten die Festtage nicht solch übermäßig rauschenden Charakter. Trotzdem herrschte die Festtage über auf dem Festplatze Hochbetrieb. Der gestrige Sonntag sah nun nochmals ein recht stimmungsvolles Publikum auf dem Festplatz, daß sich den Freuden des Volksfestes hingab. Unzweifelhafter Höhepunkt des gestrigen Tages, wie überhaupt des ganzen Festes war das große Königsschießen. Den besten Schuß auf die Königsscheibe gab Stadtgartenmeister Arthur Kampf ab, dem damit die Königswürde für 1952 (1942 d.A.) zugesprochen wurde. Ihm zur Seite stehen als Ritter die Schützenkameraden Grunert und Arno Hofmann. Kleinkaliberkönig wurde Fritz Reyher.

8. Juni
Wehranlagen
Der Verein der Heimatkunde für die Kreise Delitzsch und Bitterfeld veranstaltete am Sonnabend den 6. Juni eine Wanderversammlung, die der Besichtigung der alten Wehranlagen von Delitzsch galt. In recht stattlicher Zahl hatten sich die Heimatfreunde, besonders aus Bitterfeld zu dieser Veranstaltung auf dem Roßplatz als Ausgangspunkt eingefunden. Namens der Stadtverwaltung begrüßte der stellvertretende Bürgermeister Scharf die Anwesenden. Der Vereinsführer Horn dankte besonders den vielen Teilnehmern aus Bitterfeld für das Interesse, das sie durch ihr Erscheinen der Stadtgeschichte Delitzsch zeigten. Vor Beginn der Wanderung hörten die Teilnehmer das Blasen der Schwedensignale vom Breiten Turm herab, dann wurde in zwei Gruppen die Besichtigung der alten Wehranlagen vorgenommen. Ein Aufstieg auf den Breiten Turm eröffnete den Heimatfreunden einen wundervollen Blick über die Stadt Delitzsch und die weite Umgebung. Klar wurde allen dabei, daß der Turm gegen die slawischen Einfälle von Osten her Sicherung geben sollte. Mit besonderem Interesse wurden allgemein die Ausführungen über die Bauart dieser ostwärtigen Torbefestigung des sog. krummen Tores aufgenommen. Der Zugang zur Stadt erfolgte ehedem nicht wie heute an der nördlichen Seite des Turmes vorbei, sondern an der südlichen, und zwar im engem Bogen, der ein feindliches Eindringen möglichst erschweren sollte. Auch die übrigen Wehranlagen der Stadt, die Stadtmauer, die früher einige Meter höher war, der Zwinger, der rund um die Stadt führende Wallgraben und der Hallische Turm wurden besichtigt und die Bauart und ihr Zweck erläutert. Eine besondere Besichtigung galt auch den Befestigungsanlagen des Schlosses, das in seiner ganzen Struktur eine Festung für sich gewesen ist und nach der westlichen Seite hin wie die Stadt selbst durch einen breiten Wallgraben und sumpfiges Vorgelände geschützt war. Anschließend an die Besichtigung der Wehranlagen des alten Delitzsch erfolgte auch ein Besuch der Stahlquelle und von da aus ein Abstecher nach dem Stadtpark mit seiner monumentalen "Genesung".

20. Juni
Oberglaucha
Die bei Oberglaucha Kreis Delitzsch errichtete Tierkörperverwertungsanstalt, welche die Aufgabe hat, die im Kreise Delitzsch und den umliegenden Kreisen gefallenen Tiere zu verarbeiten, wurde jetzt eröffnet.

3. Juli
Lehrerin Wruck
Die bisher an der Delitzscher Mädchenschule außerplanmäßig geführte technische Lehrerin Elisabeth Wruck ist mit Wirkung vom 1. Juli 1942 an der gleichen Schule planmäßig angestellt worden.

6. Juli
2 Alters Veteranen
Eine der ältesten Einwohnerinnen von Delitzsch, Frau Marie Hoppe geb. Schulze, Wiesenstr. 9, kann heute ihren 90. Geburtstag feiern. Seit ihrem 36. Lebensjahr ist sie Witwe, aber mit einer Zähigkeit, die sie noch im Alter auszeichnet, hat sie ihren Lebenskampf geführt und den Broterwerb für ihre Familie besorgt. Ihr Ehemann war Lohgerber und Häutehändler gewesen. Den Handel mit Häuten betrieb sie als Witwe weiter und in späteren Jahren schaffte sie sich ihren Lebensunterhalt durch Näharbeiten, die sie gemeinsam mit einer ihrer Töchter verrichtete. Seit ihrer frühesten Kindheit ist sie bereits in Delitzsch ansässig und kann aus der Vergangenheit von Delitzsch viel erzählen. Ein zweiter Alters-Veteran ist Schneidermeister Feodor Kluge, Kreuzgasse 7, der am Sonntag, den 8. Juli 85 Jahre alt wird. Er ist 1867 in Rothenburg an der Saale geboren, kam später nach Delitzsch, wo er sein Geschäft eröffnete und war dann schließlich 30 Jahre lang Obermeister der Schneiderinnung.

10. Juli
Paul Heßler
Lehrer Paul Heßler, Delitzsch, Hallesche Straße 20, tritt mit dem heutigen Tage nach 45jähriger Tätigkeit in den Ruhestand. Heßler stammt aus Selben, war nach seiner hiesigen Ausbildung außerhalb tätig und kam 1904 an die Knabenschule nach Delitzsch, wo er 38 Jahre seine Lehrtätigkeit ausübte.

24. Juli
Seidenraupenzucht
Zwei Kindergruppenleiterinnen von Delitzsch, die in Roitzsch einen Lehrkursus für Seidenraupenzucht mitgemacht haben, wollen nun ihre Kenntnisse in Delitzsch verwerten und haben in der städtischen Oberschule in Delitzsch eine Schülergruppe gebildet, die sich mit der Seidenraupenzucht befassen soll. Wenn auch die Kindergruppenleiterinnen die hauptsächliche Last dieser kriegswichtigen Arbeiten tragen, bei denen den Kindern das Holen der Maulbeerblätter zufällt, das übrigens auch nicht ohne Aufsicht erfolgt, so ist die Gewöhnung der Betreuung der Seidenraupenzucht für die Kinder doch ein Erlebnis.

27. Juli
Karl Maul
Nach kurzer schwerer Krankheit ist gestern in einem Leipziger Krankenhaus der Lichtspieltheaterbesitzer Karl Maul aus Delitzsch gestorben. Der Dahingeschiedene war nicht nur in Delitzsch, sondern auch in der Umgebung unserer Kreisstadt eine bekannte Persönlichkeit. Hatte er sich als früherer Gastwirt schon einen guten Ruf erworben, so hat er diesen als Besitzer des "Ringtheaters" weiterhin gefestigt. Immer bestrebt, seinem Publikum Erstklassiges zu bieten, hat sein Wirken auch dem kulturellen Leben der Stadt Delitzsch seinen Stempel mit aufgeprägt. Ständig vorgenommene Ergänzungen und Erneuerungen in seinem technischen Betriebe, sowie der im Jahr 1937 durchgeführte Umbau des "Ringtheaters" nach modernsten Grundsätzen beweisen, daß Karl Maul mit der Zeit immer Schritt gehalten hat.

31. Juli
Die Vorgärten
Delitzsch wird als schöne saubere Stadt in der nahen und weiten Umgegend von Delitzsch gepriesen. Fremde, die zum ersten Mal unsere Stadt besuchten, staunten über das liebliche Stadtbild, das sie beim Rundgang durch die Stadt von Delitzsch bekamen. Diese Eindrücke bekamen die Fremden nicht nur von den sauberen Straßen, gepflegten Häuserfronten, geschmückten Fenstern und Schaufenstern, sondern vor allem von den vielen Grünanlagen und zahlreichen gepflegten Vorgärten der Stadt. Leider hat dieses schöne Stadtbild etwas gelitten, seitdem die Eisengitter der Vorgärten verschwunden sind. Wohl hat die Pflege der Vorgärten durch die Eigentümer nicht nachgelassen. Es sind andere Umstände, die hier verderbend einwirken. Nicht immer sind es Kinder, die einem Ball nachlaufen, der beim Spiel in den Garten geflogen ist. Es sind vornehmlich Hunde, die nicht an der Leine gehalten werden und den Garten zerkratzen und verunreinigen. Dasselbe kann man von den städtischen Anlagen sagen. Jeder Volksgenosse sollte dafür sorgen, daß das schöne Bild unserer Stadt erhalten bleibt.

5. August
Adolf Tauche
Adolf Tauche ist gestorben. Nachdem am vergangenen Sonnabend seine Gattin zu Grabe gebracht worden war, verstarb am gestrigen Dienstag nach kurzen Leiden der Korbmachermeister und frühere Stadtrat Adolf Tauche im 77. Lebensjahr. Mit dem Verstorbenen ist eine allseits geachtete und beliebte Persönlichkeit dahingegangen. Adolf Tauche spielte in früheren Jahren im öffentlichen Leben der Stadt Delitzsch eine bedeutsame Rolle. Besonders in der Feuerwehr hat er sich lange Jahre führend betätigt. Auch an der Lenkung unserer Stadtgeschichte war er aktiv beteiligt. Dem Stadtverordnetenkollegium gehörte er von 1906 bis 1918 an und war von 1919 – 1933 unbesoldeter Stadtrat. Als solcher verwaltete er das Dezernat Friedhof, Anlagen und Forst. In seinem Beruf war er lange Jahre Obermeister der Korbmacherinnung.

22. August
Gemeinschaftswesen
Durch Einrichtung von Gemeinschaftsgaststätten soll auch in Delitzsch den Berufstätigen, die keine Möglichkeit haben, ein warmes Mittagessen zu Hause oder in der Betriebskantine einzunehmen, diese Möglichkeit gewährleistet werden. Es soll ein gutes und ausreichendes Essen bei tragbarer, möglichst niedriger Markenabgabe an fünf Werktagen von Montag bis einschließlich Freitag erfolgen. Der Preis für die einzelnen Essen dürfte sich zwischen 0,60 und 0,90 RM bewegen. In Aussicht genommen sind für die fünf Mittagessen von Montag bis Freitag folgende Markenmengen: 100 Gramm Fleisch, 30 bis 40 Gramm Fett, 100 Gramm Brot und 50 bis 100 Gramm Nährmittel.

9. September
Luftwarnsignal
Der Bürgermeister macht bekannt, daß ab sofort ein neues Luftwarnsignal in Delitzsch eingeführt und morgen vormittag ausprobiert wird. Das Signal heißt "Öffentliche Luftwarnung" und besteht aus einer dreimaligen Wiederholung eines 15 Sekunden langen hohen Dauertons. Das neue Signal bedeutet, daß feindliche Flugzeuge einfliegen, daß aber mit größeren Luftangriffen nicht gerechnet wird. Selbstverständlich ist beim Signal "Fliegeralarm" (eine Minute an- und abschwellender Heulton) wie bisher luftschutzmäßiges Verhalten allgemeine Pflicht.

12. September
Hauswirtschaftliche Beratungsstelle
Der Krieg hat so manche Neuerung geschaffen, die im Frieden sich als überflüssig erweist. So hat das Deutsche Frauenwerk im Hause Eilenburger Straße 8 eine Beratungsstelle für hauswirtschaftliche Fragen eröffnet. Und diese Einrichtung hat sich als sehr wertvoll erwiesen. In erfreulicher Anzahl stellten sich in den Sprechstunden die Hausfrauen ja sogar viele männliche Volksgenossen ein, um Rat für irgendwelche häusliche Angelegenheiten zu erbitten. Es werden den Hausfrauen Küchenproben und wertvolle Küchenanregungen gegeben. Alle sind erstaunt über die vielen Möglichkeiten der häuslichen Kochkunst im Kriege. Am Sonnabend dem Wochenmarktstage war der Zustrom der Besucher besonders stark. An Proben wurde verabreicht: ein Kohlbraten, der fast ohne Fleischzutaten hergestellt war, und allseits lobende Anerkennung fand, außerdem ein aus Tomaten, Kartoffeln und Kohl zusammengestelltes Gericht, dessen Wohlgeschmack höchste Bewunderung hervorrief, und schließlich überzeugte eine Buttermilchspeise von der auch im Kriege bestehenden Vielseitigkeit hausfraulicher Kochkunst.

14. September
Volksturntag
Am Vormittag des gestrigen Sonntages wurde hier in D. der erste Volksturntag auf dem Sportplatz am Schützenhof gestartet. Turner und Sportler der NS Vereine und auch so manch anderer Sportanhänger hatten sich eingefunden und beteiligten sich hier aktiv und bewältigten hierbei die an sie gestellten Aufgaben mit viel Eifer in echt kameradschaftlicher und froher Stimmung. Übungen des Turnens und der Leichtathletik zugleich wurden abgewickelt. Mit einer guten Organisation folgte Übung auf Übung und ging es von Gerät zu Gerät.

16. September
Sammlung von Kupfer- und Nickelmünzen
Das Delitzscher Winterhilfswerk gibt bekannt, daß alle außer Kurs gesetzten Kupfer- und Nickelmünzen, die sich noch daheim in allen möglichen Behältern, Schubladen und sogar in Geldbörsen befinden dem Kriegs-WHW übergeben werden oder bei der Reichsstraßensammlung am kommenden Sonnabend und Sonntag neben der üblichen Spende in die Sammelbüchse der ehrenamtlichen Helfer gesteckt werden. In der Masse gewinnen die einzelnen Münzen an Bedeutung und helfen den Endsieg sichern. In diesen Tagen hat auch die Holunderbeerernte begonnen. Da diese Beeren sehr von Nutzen sind, wird dringend gebeten, sie zu sammeln und restlos dem Gebrauch zuzuführen.

30. September
Postsäule
Wer als Fremder erstmalig nach Delitzsch kommt, dem wird auf dem Roßplatz die bekannte Postsäule auffallen. Heute hat diese Postsäule nur noch historische Bedeutung. Sie gab den Benutzern und Lenkern der früher verkehrenden Pferdeposten die Entfernung der Stadt von einer Reihe der wichtigsten Städte an. Heute sind Wegweiser und Schilder mit der schwarzen Schrift nicht nur in genügender Zahl an den Hauptstraßen und Kreuzungen und sagen aus, wie viel Kilometer es von der einen nach der anderen Stadt ist, und für den Kraftfahrer ist die Möglichkeit geschaffen, sich schnell und sicher zu orientieren. Sichere Unterrichtung war auch vor einigen Jahrhunderten für die schwerbeladenen Fuhrwerke notwendig. Als August der Starke über das sächsische Land regierte, erkannte dieser Fürst die Wichtigkeit der Wegweiser für die Posteinrichtungen und Fuhrwerke jener Zeit. Zwischen den Jahren 1720 und 1730 entstanden so in zahlreichen sächsischen Städten, auch in Delitzsch, die Meilensäulen, die uns vielfach heute noch grüßen. Da und dort sind ihre Inschriften wohl schon verwittert. Anderswo hat man die Postmeilensäulen gepflegt. Unsere Delitzscher Postsäule befindet sich glücklicherweise in einem guten Zustand. Die Schrift der einzelnen Städte ist gut leserlich und macht den toten Stein so zu einem sprechenden Dokument über versunkene Zeiten.

5. Oktober
Erntedank
Als im vorigen Herbst die Saat für die diesjährige Ernte in die Erde gebracht wurde, da lag vor uns ein Winter von dessen ungeheuerlichen Ausmaßen und Folgen sich niemand unter uns ein Bild machen konnte. Weite Getreideflächen fielen infolge des langanhaltenden Frostes der Auswinterung anheim, und der deutsche Bauer war im Frühjahr dem langersehnten, nicht nur vor die Notwendigkeit neuen Aussäens und neuer Planung gestellt, er war auch durch den kriegsbedingten Mangel an Arbeitskräften, an Material und Gespannen zu ganz außergewöhnlichen Leistungen gezwungen. Aber es ist geschafft worden! Wir haben in diesem Jahre eine gute Ernte gehabt, eine Ernte wie sie niemand erhofft hat. So konnte ein dankbares Erntefest gefeiert werden. Die Hauptfeier im Kreis fand am gestrigen Sonntagmorgen in der Aula der Oberschule zu Delitzsch statt, die festlich geschmückt war. Gesänge und Gedichte umrahmten die Feier. Kreisbauernführer Barth hält eine Ansprache. Der Kreisleiter übergab dann mit feierlichen Worten des Glückwunsches den verdienten Bauern, Landwirten, Landarbeitern, Gärtnern u.s.w. Kriegsverdienstkreuze ferner an Landarbeiter, Landarbeiterinnen und Landfrauen Kriegsverdienstmedaillen. Es wurden insgesamt 16 Angehörige des Landvolkes aus dem Kreis Delitzsch besonders geehrt.

7. Oktober
Neue Fibel
Durch die Einführung der Normalschrift in den Schulen war auch die Umarbeitung des ersten Lesebuchs unserer Schulanfänger besonders notwendig. Der Verlag Hermann Schroedel, Halle, hat jetzt die neubearbeitete Fibel "Frohe Arbeit" herausgegeben. Im wesentlichen hat man sich an die erst vor einigen Jahren bearbeitete Fibel gehalten. Auch die Bebilderung ist fast dieselbe geblieben. Die Kinder lernen zunächst die kleine, dann die große Schreibschrift kennen. Jeder Laut wird gelesen und geschrieben. Die Kleinen setzen aus den Lauten die Wörter zusammen, später werden diese zu Sätzen ausgebaut. Selbstverständlich können am Anfang keine großen Geschichten stehen, sie sind erst in dem Teil der Fibel zu finden, der in Druckschrift gesetzt ist. Dennoch müssen wir feststellen, daß auch der Lesestoff am Anfang den Schulkindern Freude bereiten wird.

28. Oktober
Firma Lins
25 Jahre ist es jetzt her, seit der Kaufmann August Lins sein Textilwarengeschäft in der Eilenburger Straße übernommen hat. Von seinem Vater, Michael Lins, wurde das Unternehmen am 1. Oktober 1881 gegründet und bis zum Weltkriege rüstig vorwärts gebracht. Im Oktober des Jahres 1917 löste dann der Sohn August den Vater in der Geschäftsführung ab und änderte die Firma auf seinen Namen um. Im Verlaufe dieses zweiten Vierteljahrhunderts hat der jetzige Inhaber das nun über 60 Jahre bestehende Geschäft weiter ausgebaut und es auf seinen heutigen achtbaren Stand gebracht.

31. Oktober
Normalzeit
Die Wiedereinführung der Normalzeit erfolgt am 2. November früh 3 Uhr. Wenn die Delitzscher am morgigen Sonntagabend zu Bett gehen und gewohnheitsmäßig den Wecker aufziehen, dürfen sie nicht vergessen, die Uhrzeit um eine Stunde zurückzustellen. Mit der in der Nacht zum Montag erfolgenden Wiedereinführung der Normalzeit d.J. der mitteleuropäischen Zeit (meZ) wird uns nämlich die Stunde von 2 bis 3 Uhr Montagmorgen doppelt geschenkt, so daß wir mit anderen Worten eine Stunde länger schlafen können, soweit wir in dieser Nacht nicht irgendwo auf Arbeit oder auf sonstigem Posten sein müssen.

3. November
Franz Reyher 75 Jahre
Am heutigen Dienstag sind 75 Jahre verflossen, seit die Firma Franz Reyher u. Sohn, Eilenburger Straße 54, gegründet wurde. Klempnermeister Franz Reyher machte sich am 3. November 1867 in dem Anwesen Eilenburger Straße 21 selbständig und brachte seinen Handwerksbetrieb dem auch ein Verkaufsgeschäft für Haushaltsbedarfsartikel angegliedert wurde, zu gutem Ansehen. Er führte das Geschäft bis zum Jahre 1900, in welchem Jahre er es seinem Sohn Franz übergab. Unter dessen Leitung wurde der Geschäftsbetrieb nach dem Grundstück Eilenburger Straße 54 verlegt, wo es mit Umsicht und Geschick weiter ausgebaut wurde. Auf dem Gebiete der Bauklempnerei, der Wasserinstallation und des Blitzableiterbaues ist die Firma Franz Reyher heute besonders bekannt.

27. November
Neue Diensträume
Die Abteilung Familienhilfe und Jugendhilfe der Kreisamtsleitung der NSV, die bisher mit im Dienstgebäude Eilenburger Straße 65 untergebracht war, hat neue Diensträume erhalten. Zu diesem Zweck sind die Räume der ehemaligen Eisenhandlung Wandt, Markt 7, neu hergerichtet worden, und die Leiterin der Abteilung hat seit einigen Tagen ihre Tätigkeit dort aufgenommen.

11. Dezember
Büchersammlung
Wie im Vorjahr so hat auch in diesem Jahre wiederum eine Büchersammlung für die deutsche Wehrmacht stattgefunden. Und es muß gesagt werden, daß diese Sammlung zahlenmäßig und auch was die Auswahl betrifft die vorjährige Sammlung noch übertroffen hat. Die Sammlung geht an die Gauleitung. Hier findet eine Sichtung statt. Je 100 Bücher werden für eine Feldbücherei fertiggemacht, zusammengesetzt aus nationalsozialistischen Schrifttum, geschichtlichen Werken, Abenteuern und Erlebnisberichten u.s.w. Oben auf der Bücherkiste liegt ein Heimatbild und ein Gruß des Spenderkreises an die Empfänger in den Lazaretten und Soldatenheimen.

15. Dezember
Direktor Both
Gestern verstarb plötzlich, nachdem er am Sonnabend außerhalb seiner Wohnung von einem Unwohlsein befallen worden war, der Leiter der Kreis- und Stadtsparkasse Delitzsch, Direktor Both. Der Verstorbene war seit 1921 in Delitzsch ansässig. Dem damals von Lüneburg zugezogenen Bankbeamten war die Leitung der ehemaligen Kreissparkasse übertragen worden. Während seiner Wirkungszeit – im Jahre 1937 - erfolgte die Zusammenlegung des Sparkassenunternehmens mit der Stadtsparkasse in die nunmehrige Kreis- und Stadtsparkasse Delitzsch, an der der Verstorbene als Direktor fungierte. Der plötzliche Tod hat bei allen, die Direktor Both nahestanden, Überraschung und Anteilnahme ausgelöst.

16. Dezember
Reisebericht über Delitzsch
Der schwäbische Dichter Dr. Ludwig Finckh war im Anschluß an die diesjährige Dichtertagung zu Weimar zu kurzem Aufenthalt hier in Delitzsch. Über die hier gewonnenen Eindrücke gibt er aus seiner Feder folgende launige Betrachtung: Etwas verwöhnt durch Geschichte, Natur und Landschaft fuhren wir von Weimar ab. Wir hatten gedacht, eine kleine Industriestadt mit Ruß und Rauch vor uns zu finden. – Hermann Schulze-Delitzsch, der Gründer der Genossenschaften, das einzige, das uns im Gedächtnis geblieben war – aber auch ein Naturforscher hatte dort seine Wiege, Ehrenberg, Christian Gottfried – freilich vor 150 Jahren – gehabt. Und wir fanden ein anmutiges Städtlein von 18000 Einwohnern mit alten Stadtmauern und Tortürmen, mit wassergefülltem Stadtgraben, auf dem weiße Schwäne schwammen, und ein sanft dahin fließendes Flüßchen, der Lober, fast verträumt, und ein Denkmal aus Stein, hoch und bieder, - nicht eine Post - sondern eine Postsäule, auf der die wichtigsten Laufzeiten der Postgäule nach den Herzstücken der Landschaft eingegraben waren, eine Mutter unseres Kursbuches aus Stein. Wir waren entzückt, als wir erfuhren, daß dieses weltferne Städtlein ein Moor- und Schwefelbad mit starken Quellen besitze, den Heiligbrunnen unbekannt, und das von einem seiner Türme, vom Breiten Turm, noch heute schwedische Reitersignale heruntergeblasen würden. Weil im dreißigjährigen Krieg, als schwedische Raubbanden herangezogen kamen, um zu plündern, die Türmerstochter nach dem Horn gegriffen und durch schwedische Reitersignale – wer hatte Sie's gelehrt? – die Marodeure erschreckt, die Bürger herbeigerufen habe, die die Mordbrenner vertrieben. – Merkwürdig auch, daß am Peter-Paulsmarkt, am 29. Juni jeden Jahres, an der Stadtkirche über der Uhr mit dem Schlag 12 Eva dem Adam zwölfmal in den Apfel beißen läßt! Jedes Jahr an einem Tag zwölfmal! So wurde der paradisische Sündenfall aufgefrischt, verewigt, - in der Stadt Delitzsch! Und am Abend wird dann getanzt im "Schwanen" der Heiratstanz, der Eva- und Adamstanz, und in den lebendigen Apfel gebissen! So ist Delitzsch an der Fortsetzung des Sündenfalles schuldig. Delitzsch - der Zischlaut verrät die Herkunft: slawisch wendisch. Von den Sorben erobert Heinrich I. im Jahre 929 das Gebiet zurück. 1186 wird die Stadtmauer erbaut, mächtig wird die Stadt, sie besitzt mehrere Dörfer. Der dreißigjährige Krieg wirft sie zurück. Aber die Bürgerschaft erholt sich wieder, - Delitzscher Bier und Delitzscher Strümpfe bekommen Ruf, und heute führt eine große Zuckerfabrik. Mehrere hundert Wagen werden im Herbst mit Zuckerrüben täglich herangeführt, verschnitzelt, gesotten, gepreßt, und der gelbe, dann dunkle Saft zu süßem gelben Pulver geformt. Zucker für Deutschland! - Noch mehr: ein stolzes altes Schloß ragt auf der Höhe, - Giebelhäuser, im Tal fließt der Heiligbrunnen, – und Rosen, Delitzscher Rosen blühen! Wo ist der Ruß und Rauch, den wir erwarteten? – Das ist Delitzsch am Lober, und als wahrhafte Lober, Brunnen-, Zucker- und Rosenlober kehren wir zurück.
Ludwig Finckh

22. Dezember
125 Jahre Freyberg
Die Chemische Fabrik Ernst Freyberg beging am Sonnabend den 19. d. Mts. durch eine Feier des Gesamtbetriebes und zahlreicher Gäste das 125jährige Bestehen. Seit dem 1. Juni 1817 ist die Familie Freyberg hier ansässig. Vor nunmehr 125 Jahren erwarb der Apotheker Karl Christian Freyberg die Adler-Apotheke in Delitzsch. Im Laufe der Jahre entwickelte sich aus dem Apothekenbetrieb ein Fabrikunternehmen, das ständig vergrößert werden mußte und seine Krönung fand durch die im Frühjahr dieses Jahres erfolgte Verlegung des Gesamtbetriebes von der Ritterstraße in das neue Werk an der Dübener Landstraße. Besonders wurde bei der Feier des Vaters des jetzigen Inhabers gedacht des Stadtrates und Apothekers Ernst Freyberg, dessen Tatkraft und Weitblick nicht nur die Fabrik, sondern auch die Stadt Delitzsch viel zu verdanken hat.


1943

7. Januar
Pantoffelkurse
Vom Mittwoch, den 13. Januar finden wieder Pantoffelkurse in Delitzsch statt. Die NS Frauenschaft – Deutsches Frauenwerk hat diese Kurse für Mittwoch den 13. Januar und Donnerstag den 14. Januar nachmittags und abends angesetzt. Die Kurse erfreuen sich großer Beliebtheit, da sie einen praktischen Zuschuß unseres Schuhwerkes darstellen. Frauen und Mädchen, die an der Teilnahme interessiert sind, wollen sich sofort in der Beratungsstelle der NS Frauenschaft - Deutsches Frauenwerk Eilenburger Straße 8, melden.

11. Januar
Seidenbauer
Am Sonnabend fand im Hotel "Zum Schwan" in Delitzsch eine Arbeitstagung der Seidenbauer des Kreises Delitzsch statt, die unter Leitung des Kreisfachgruppenvorsitzers Horst Borst – Schladitz stand. Der Vorsitzer berichtet über den Zuchtverlauf im Kreise Delitzsch, wobei er auf das Kokonergebnis näher einging. Kreisoberinspektor Lohse, der in Vertretung des Kreisleiters und des Landrates erschienen war, berichtete über die zuerkannten Auszeichnungen auf Grund anerkennenswerter Leistungen an die Schulen. Die Seidenbauer gaben sodann eine Übersicht über den Zuchtverlauf des vergangenen Jahres und sprachen hierbei über den Zustand der Maulbeerpflanzungen und Krankheiten. Ein Seidenbauberater aus Halle erstattete sodann ein Referat über Düngung, Schnitt und Pflege der Maulbeerpflanzungen. Im weiteren Verlauf der Tagesordnung gaben die Bürgermeister Bericht über den Zustand der Maulbeerbaumpflanzungen und erteilten ihre Aufträge auf Brutbestellungen für 1943.

18. Januar
Eisenkontingentierung
Unter der Leitung des Schmiede-Innungs Obermeisters Willi Morgner tagte Sonnabend nachmittag die Schmiedeinnung der Bezirke Delitzsch und Landsberg im Gasthaus "zum weißen Roß" in Delitzsch. Zu Ehren des verstorbenen Berufskameraden, des langjährigen Kassenführers Alwin Bohm – Delitzsch, dem der Obermeister herzliche Worte des Gedenkens widmete, erhoben sich die Versammelten von den Plätzen. Der Obermeister gab sodann die jetzt gültigen Bestimmungen über die Eisenkontingentierung für das Schmiedehandwerk bekannt und nahm zu dem neuen Merkblatt "Eisen und Stahl für die Fertigung" eingehend Stellung, wobei er insbesondere auf die Eisenübertragungsscheine sowie auf die Behandlung von Reifen und Achsen hinwies. Der Obermeister sprach dann noch über die Zwischenprüfung für die Lehrlinge des 1. und 2. Lehrjahres, die Gesellenprüfung für die Lehrlinge des 3. Lehrjahres, sowie über Einstellung von Lehrlingen, wobei die Lehrverträge in vierfacher Ausfertigung abzugeben seien. Zu gleicher Zeit hatten sich die Bauhandwerker im Gasthof "Eisernes Kreuz" zu einer Innungssitzung eingefunden, die unter Leitung des Obermeisters Richter stand. Der Obermeister sprach zu seinen Berufskameraden über die Lehrlingsfrage, die Ausbildung der Lehrlinge in der heutigen Zeit, die Lehrbaustelle, den Arbeitseinsatz und über die Kontingentierung der Baustoffe.

21. Januar
Delitzsch im Thüringer Reich
Unsere Heimat gehörte einst zum alten Thüringer Reich. Dr. Werner Jorns – Leipzig hielt hier einen Vortrag über die Völkische Zusammensetzung des Thüringer Reiches im Lichte neuer Ausgrabungsergebnisse. Das alte Thüringer Reich war am Anfang weit größer als der jetzige Gau. Er umfaßte nicht nur ganz Mitteldeutschland, sondern seine Grenzen reichten im Südosten bis nach Böhmen und im Westen bis nach Franken hinein. Es war also nicht nur der Raum zwischen Werra, Elbe, Frankenwald und Erzgebirge. Hier war das Siedlungsgebiet der Hermunduren, die als die Vorfahren der Thüringer galten. Die hier gemachten Funde zeigten Spuren der Friesen, der Angeln in der Flensburger Förde, der Kelten und Illyrier, der Langobarden und Burgunder, besonders Waffenfunde der Altgermanen und Goten.

6. Februar
Der Handwagen
Es gab einmal eine Zeit und es gab noch Menschen, die es für geradezu unmöglich hielten, für standeswidrig und ehrenrührig, sich seinen Bedarf selber im Handwagen durch die Stadt zu holen. Der Krieg hat uns auch hier eines besseren belehrt. Die Kohlenversorgung, die sich besonders bei kleinen Mengen nicht immer auf dem Wege der Anfuhr durch die Lieferfirma ans Haus bewerkstelligen läßt, hat viele tausend Volksgenossen gezwungen, sich ihren Kohlenbedarf in kleinen Mengen selber abzuholen. Was für die Männer gilt, gilt für die Frauen. Wir haben viele Soldatenfrauen in diesen Kriegsjahren den Handwagen durch die Stadt ziehen sehen. Denn die Kartoffelzuteilung, die in bestimmten Rationen abgenommen werden mußte, zwang die Frauen, sich ihre Kartoffelvorräte nach Hause zu schaffen.

8. Februar
Marie Gärtner 92 Jahre alt
Am morgigen Dienstag, dem 9. Februar kann Frau Marie Gärtner, Delitzsch, Adolf-Hitler-Ring 12/13 ihren 92. Geburtstag begehen. Das greise Geburtstagskind erfreut sich trotz seines hohen Alters noch verhältnismäßig guter körperlicher Rüstigkeit. Schon über dreißig Jahre wohnt Frau Gärtner in Delitzsch und hat sich während dieser langen Zeit eine große Anzahl Freunde und Bekannte erworben.

10. Februar
Die große Pappel
Die große Pappel, die früher an der Stadtbrücke Breite Straße – Eilenburger Straße stand und wegen Absterbens durch winterliche Einwirkung vor kurzem gefällt werden mußte, hat nun einen Ersatz bekommen. Heute vormittag wurde an der gleichen Stelle, deren Boden als geeignete Wachstumsgrundlage für Pappeln anzusehen ist, eine junge Pappel gepflanzt.

20. Februar
Berufsgruppen in Delitzsch
Die totale Bereitschaft unseres Volkes wird demnächst zu einer Stillegung in Handel und Handwerk führen, die uns in der ersten Zeit vielleicht etwas unangenehm sein wird. In welchen Berufsgruppen arbeiten die meisten Delitzscher? Diese Frage ist im Zusammenhang mit der Stillegung in Handel und Handwerk recht interessant. Das Teilergebnis der Berufszählung vom Jahre 1939, in der die Bevölkerung nach Wirtschaftsgruppen aufgeteilt wurde, und zwar die Berufstätigen einschließlich ihrer Familienangehörigen gibt uns Auskunft. Hiernach ergab sich kurz vor Ausbruch des jetzigen Krieges für unsere Stadt folgende prozentuale Aufstellung der Bevölkerung in den sechs Hauptwirtschaftsabteilungen:

Industrie und Handwerk                               48,8
Handel und Verkehr                          26,1
Öffentliche und private Dienste                    9,5
Häusliche Dienste                              1,6
Land und Forstwirtschaft                  1,6
Selbständige Berufslose                     12,2

2. März
Kleinbahn
Laut Beschluß der ordentlichen Hauptversammlung führt die Delitzscher Kleinbahn AG den Namen Delitzscher Eisenbahn AG.

6. März
Bauhandwerker-Lehrbaustelle
Der Gedanke der Leistungssteigerung unserer Lehrlinge steht im Mittelpunkt der gesamten praktischen und theoretischen Ausbildung unserer Jugend. So haben die Bauhandwerker für ihre Lehrlinge zu diesem Zwecke eine Lehrbaustelle geschaffen. In der ehemaligen Zimmerei Hartig, Berliner Straße, haben die Bauinnung des Kreises Delitzsch und die Zweckverbandsberufsschule eine neue Wirkungsstätte für die Erziehung des Bauhandwerker-Nachwuchses geschaffen, die nun dem Landrat Meister in seiner Eigenschaft als Verbandsvorsteher der Zweckverbandsberufsschule übergeben wurde.

10. März
Verordnung über Reparaturen
Da Mangel an Kleiderstoffen für die Zivilbevölkerung besteht, hat die Reichsstelle für Kleidung eine Verordnung erlassen, wonach in Zukunft die Reparaturen von Kleidungsstücken in erster Linie sicher gestellt werden muß. Den Unternehmern der Bekleidungsindustrie, des Bekleidungshandwerks und des Handels wird eine entsprechende Verpflichtung auferlegt. Die Reparaturpflicht umfaßt alle Arbeiten, die notwendig sind, um Bekleidungsstücke wieder tragbar zu machen, wie ausbessern, wenden, umarbeiten und reinigen. Die für Reparaturen vorgesehenen Unternehmungen der Bekleidungsindustrie und der Textilindustrie dürfen Aufträge auf Neuanfertigung nicht mehr annehmen.

18. März
Schutz den Anlagen
Alle Vorbereitungen wurden getroffen, um auch in diesem Jahre unser Stadtbild zu verschönern. Die wenigen Arbeitskräfte, die zur Verfügung stehen, haben begonnen, die Schmuckplätze umzugraben und zu bepflanzen, damit sich ein jeder an der herrlichen Natur erfreuen kann. Dieses Bestreben unserer Stadtverwaltung, auch in der Zeit angestrengtester Tätigkeit einige gepflegte Ruhepunkte im Stadtgetriebe zu schaffen, kann nicht genug gewürdigt werden. Leider gibt es Menschen, die hier zerstörend wirken. So ist zum Beispiel wiederholt beobachtet worden, daß die Anlagen am Schulze-Delitzsch-Denkmal durch Überqueren oder Tummeln von Kindern beschädigt wurden, und im Stadtpark macht man dieselben Beobachtungen. Jeder Delitzscher sollte bedenken, daß die Grünanlagen die Visitenkarte der Stadt sind und daß sie im Kriege bei der Knappheit von Arbeitskräften erst recht allgemeinen Schutzes bedürfen.

4. April
Feierstunde für Helmut Bruck
Am Sonnabend fand in der Delitzscher Oberschule eine Feierstunde statt, die dem Eichenlaubträger der Schule, Hauptmann Helmut Bruck galt, der gefallen ist. Nach einer umfassenden Würdigung dieses hervorragenden Offiziers durch den Leiter der Anstalt, Oberstudiendirektor Dr. Letz, überreichte ein Offizier der Luftwaffe aus Halle als Geschenk ein großes Bild dieses ehemaligen Schülers. Als Vorbild und Kamerad zugleich wird das große Photo dieses vom Schicksal begünstigten und zugleich durch eigene Tüchtigkeit ausgezeichneten Stukakommandeurs täglich die Schüler grüßen. Eindrucksvolle Festmusik gab der Feierstunde einen würdigen Rahmen.

7. April
Reichsstraßensammlung
Die letzte Reichsstraßensammlung vom 27./28. März hat das beste Ergebnis aller in diesem Winterhilfswerk durchgeführten Reichsstraßensammlung gebracht. Die Männer und Frauen der deutschen Arbeitsfront haben unter ihrem altbekannten Leitwort: "Schaffende sammeln – Schaffende geben" wieder alle Schaffenden in freudiger Spendenbereitschaft vereint. Mit 863.246,77 RM ist selbst das bisher unerreichte Ergebnis der 5. Reichsstraßensammlung mit 670.000 RM überboten worden. Der Kreis Delitzsch ist an diesem Ergebnis mit 41.798,40 RM beteiligt.

8. April
Delitzsch vor 100 Jahren
Nach dem "Handbuch der Provinz Sachsen" aus dem Jahr 1843 zählte der Kreis Delitzsch damals 47.800 Einwohner, davon 14.825 in den Städten und 32.975 in den Dörfern. Heute hat der Kreis Delitzsch rund 90000 Einwohner, davon entfallen etwa 41.000 auf die Städte Delitzsch, Eilenburg und Landsberg, während in den 139 Landgemeinden rund 40.000 Einwohner leben. Es ist also deutlich der in den früheren Jahrzehnten zutagegetretene ungesunde Zug zur Stadt bemerkbar. 14 Städte im Regierungsbezirk Merseburg haben mehr als zehntausend Einwohner. In diese Gruppe gehört auch unsere Stadt Delitzsch, sie rangiert hier an zehnter Stelle.

12. April
50 Jahre Kriegskameradschaft
Die Kriegerkameradschaft Delitzsch konnte am 9. April 1943 auf ein 50jähriges Bestehen zurückblicken. Mit Rücksicht auf die Kriegsverhältnisse wurde von einer größeren Feier Abstand genommen. Doch fand am gestrigen Sonntag im engsten Kreise eine Gedenkstunde im "Goldenen Adler" statt.

18. April
Die Postsäule
Jedem Fremden, der erstmalig nach Delitzsch kommt, wird auf dem Roßplatz die bekannte obeliskenförmige Postsäule auffallen. Heute hat diese Säule nur noch historische Bedeutung. Sie gab den Benutzern und Lenkern der früher verkehrenden Pferdeposten die Entfernung der Stadt von einer Reihe der wichtigsten Städte an. Sichere Unterrichtung war auch vor einigen Jahrhunderten für die schwer beladenen Fuhrwerke notwendig. Als August der Starke über das sächsische Land regierte, erkannte dieser Fürst die Wichtigkeit des Wegweisers für die Posteinrichtungen und Fuhrwerke seiner Zeit. Vor nunmehr rund zwei Jahrhunderten entstanden so in zahlreichen sächsischen Städten, so auch in Delitzsch, die Postmeilensäulen, die uns vielfach heute noch grüßen. Die in Delitzsch auf dem Roßplatz stehende Säule, aus Sandstein bestehend, wurde im Jahre 1730 errichtet. Auf ihr sind alle an der Postlinie liegenden bedeutenderen Orte und die Postfahrzeit dorthin in Stunden verzeichnet. Der Roßplatz, der früher der Posthalteplatz war, erhielt seinen heutigen Namen erst im letzten Jahrhundert nach dem dort befindlichen Gasthause, das die eigentliche Poststation war. Auf dem Platz wurden die Pferde der Postwagen ausgewechselt, "derweil die Reisenden im Weißen Roß zur Weiterfahrt sich stärkten", bis der "Schwager" zum Aufbruch blies. Die erste eigentliche Postanstalt erhielt übrigens Delitzsch im Jahre 1809. Zu jener Zeit kostete eine Reise mittels Extrapost von Delitzsch nach Leipzig 24 Groschen = 3 RM und zurück ebenfalls soviel. Die Fahrt von Delitzsch nach Leipzig nahm reichlich zwei Stunden in Anspruch. Unsere Delitzscher Postmeilensäule befindet sich noch im guten Zustand. Die Schrift der einzelnen Städtebezeichnungen ist noch gut leserlich und macht den toten Stein zu einem sprechenden Dokument über versunkene Zeiten.

20. April
Wohnraumlenkung
Die Dauer des Krieges mit der damit verbundenen Einstellung des Wohnungsbaues macht es erforderlich, daß aller vorhandener Wohnraum so genutzt wird, wie es dem Interesse des Volkes dient. Der Landrat des Kreises Delitzsch hat nun eine Anordnung erlassen, daß aller frei werdender Wohnraum, auch leer stehende Wohnungen innerhalb drei Tagen dem zuständigen Bürgermeister zu melden sind. Der so frei gewordene Wohnraum wird durch die Bürgermeister angemessen verteilt. Zunächst sind die bevorrechtigten Volkskreise bei der Zuteilung zu berücksichtigen. Außer den bevorrechtigten Volkskreisen sind bei der Vermietung zu begünstigen Familien von Kriegsversehrten der Stufe II und III, in deren Haushalt mindestens ein minderjähriges Kind vorhanden ist. Die Anordnung tritt sofort in Kraft. Die Nachprüfung in allen diesen Fragen wird durch besonders damit beauftragte sachkundige Personen erfolgen. Zu jedem Wohnungstausch ist ebenfalls die Genehmigung der Gemeindebehörde einzuholen.

1. Mai
Die Anlagen in Delitzsch
Unsere Heimatstadt Delitzsch genießt vor vielen Orten gleicher Größe unstreitig den Vorzug, sich des Besitzes eines ausgedehnten und geschmackvoll angelegten Grüngürtels zu erfreuen. Das, was hier erst mühsam geschaffen werden mußte, war ehedem in unerschöpflicher Fülle vorhanden, deren Reste noch heute nachzuweisen sind. Je mehr aber in der Folge die menschlichen Siedlungen sich ausdehnten und vermehrten, desto mehr Waldbestände fielen der Axt zum Opfer. Strenge Erlasse der Landesfürsten zur Behebung der angeführten Schäden waren notwendig. Die Stadtverwaltungen versuchten von sich aus dem Stadtbild ein schönes Aussehen zu geben. So faßten bereits im Jahre 1567 die Delitzscher Ratsherren den Beschluß, den Zwinger mit Obstbäumen zu bepflanzen. 1600 besetzte man den Zwinger außerdem mit Weinreben. Die Herzogin-Witwe Christiane von Sachsen-Merseburg, die im Jahre 1692 Delitzsch als Witwensitz wählte, ließ am Schlosse einen Lustgarten nach französischer Art anlegen. Das entsprach dem damaligen Zeitgeschmack. Erst aufgrund einer kursächsischen Verordnung vom 11. Mai 1726 ging man daran, Straßen und Plätze mit Bäumen zu bepflanzen. 1735 besetzte man die Promenade, den heutigen Ring, mit Linden, die jedoch 1799 durch Kirschbäume ersetzt wurden. Nach deren Absterben gab man wieder dem Zierbaum den Vorzug: Linde, Ahorn, Kastanie, Rotdorn, Platane. 1774 wurden sechs Steinbänke in der Promenade um die Stadt aufgestellt. 1817 verkaufte die Stadtverwaltung die Zwingergärten an einzelne Bürger. Die neu angelegte Chaussee nach Leipzig (Hindenburg Straße). 1833 bepflanzte man innerhalb der Delitzscher Feldmark, am Kohltor beginnend, mit 52 Pappeln und 400 Kirschbäumen. Die letzten Pappeln verschwanden 1896. Auf Antrag des Bürgermeisters Securius entstand 1844 am Schützenplatz eine Lindenallee. Der Weg vom Gerberplan zum Heiligbrunnen war 1826 mit Birken besetzt worden, die 1859 wegen Verbreiterung des Weges gefällt werden mußten. Die überalterte Kirschallee der Südpromenade ersetzte man 1865 durch eine Walnußallee. Der Weg von der "Grünen Linde" bis zum Berliner Bahnhof wurde an Stelle der Sauerkirschbäume mit Platanen und rotblühenden Kastanien bepflanzt. Der 1876 ins Leben gerufene Verschönerungsverein legte 1877 die bekannte Lindenallee vom Sorauer Bahnhof bis zum Döbernitzer Bahnübergang an. Auf dem Marienplatze schuf man Gras- und Blumenbeete. Die Promenade hinter dem Schloß wurde verbreitert und mit Linden bepflanzt. Zu den schönsten Straßen von Delitzsch gehört zweifellos die Albert Böhme Straße mit ihren vier Lindenreihen. Sie ist 1876 angelegt worden und erhielt den Namen Angerstraße. Im Jahre 1893 taufte man sie zu Ehren des langjährigen Bürgermeisters Reiche in Reichestraße um. Sechs Jahre später hieß sie Lindenstraße. Den Delitzschern fehlte aber der Wald und so stellte man Erwägungen an, diesen zu ersetzen. Man nahm in Aussicht für eine Parkanlage den hinteren Teil des "Alten Schützenplatzes". Man bepflanzte das Gelände mit Kernobst. Doch die Bäume verkümmerten auf dem kühlen Untergrunde und so setzte man Birken, die vorzüglich gediehen. So entstand das Birkenwäldchen. Im Jahre 1885 wurde längs des Schenkenberger Weges eine Aufschüttung vorgenommen, um einen Hügel zu gewinnen, der als Ausflugs-, Spiel-, Sitz- und Konzertplatz dienen sollte. 1905 wurde die Parkanlage bis zum Lober erweitert. Nun war der Stadtpark entstanden. Die städtische Warmbadeanstalt wurde 1933 in ein Eisenmoorbad umgewandelt, die bisherigen Anlagen erweitert, eine Trinkhalle und ein Musikpavillon geschaffen und die Wiese über den Lober in einen Rosengarten verwandelt und mit einer Brücke verbunden. Die Schloßmauer erhielt zwei Mauerdurchbrüche, die den ehemaligen Wallgraben mit dem Schulze-Delitzsch-Ring verbinden. Der Dietze-Park, der für die Anlagen am Neuen Heiligbrunnen, die Delitzscher Stahlquelle, einen wirksamen Hintergrund bildet, ist von der Stadt erworben und mit neuen Wegen versehen worden. Nach Ankauf der Wiesen zwischen Lober und Parkstraße entstand 1937 der Albert-Böhme-Park. Hier fesselt den Blick eine prächtige Brunnenfigur "Die Genesung".

3. Mai
Kindertagesstätte
Die neue Delitzscher Kindertagesstätte in der Ludwig Jahn Straße, über deren Aufgaben und räumliche Ausgestaltung bereits berichtet worden ist, wurde am gestrigen Sonntag vormittag im Rahmen einer kurzen Feierstunde, die in den neuen Räumen stattfand, ihrer Bestimmung übergeben. Mit dem Ständchen von Heykens (Streichquartett) und einem Chor der Jungmädel wurde der Weiheakt eingeleitet. Dann erfolgte die Übergabe der Stätte durch Stadtrat Scharf als Vertreter der Stadtverwaltung an den Kreisleiter. Dieser dankte seinerseits all denen, die beim Aufbau und vor allem bei der Überwindung der Schwierigkeiten, die der Krieg mit sich brachte, geholfen haben. Anschließend fand eine allgemeine Besichtigung der Räume statt.

12. Mai
Fleischkürzung
Es wird bestimmt, daß vom 31. Mai ab die Rationierung der Versorgungsberechtigten aller Altersstufen an Fleisch oder Fleischwaren um wöchentlich 100 Gramm gekürzt werden.

29. Mai
Heilkräutersammlung
In den Vormittagsstunden sieht man jetzt wieder unsere Jungen und Mädel klassenweise mit ihren Lehrern und den Lehrerinnen durch die Straßen wandern. In Körben und Rucksäcken tragen sie wertvolles Gut, das sie soeben in Feld und Flur gesammelt haben. Heilkräuter aller Art, die die Natur jetzt in reicher Fülle bietet werden gesammelt und zusammengetragen als nützlicher Beitrag zur Drogenbeschaffung.

1. Juni
50 Jahre Morgner
Die am 1. Juni 1893 von dem Schmiedemeister Oswald Morgner auf dem Grundstück Wiesenstraße 3 in Delitzsch eröffnete Schmiedewerkstatt kann am heutigen Dienstag auf ein 50jähriges Bestehen zurückblicken. Neben dem Schmiedebetrieb spezialisierte sich die Firma auf geschmiedete Sattlerartikel. Auf der Sattlerausstellung in Berlin im Jahre 1909 erhielt Meister Oswald Morgner für seine dort ausgestellten Beschläge für Lastfuhrgeschirre ein Ehrendiplom. In der Abteilung "Heimische Industrie" der im Jahre 1912 in Eilenburg stattgefundenen Ausstellung erhielt er für die gezeigten Sattlerartikel die Silberne Medaille. Meister Morgner, der von 1916 bis kurz vor seinem Tode (1934) als Innungsobermeister des Schmiedehandwerks für den Kreis Delitzsch wirkte, entwickelte seinen Betrieb bis zum Jahre 1924 tatkräftig weiter. Nach seinem Tode arbeitete sein Sohn Willy im Sinne des Vaters weiter und wurde im September 1934 als Nachfolger des Vaters Oberinnungsmeister für das Schmiedehandwerk.

3. Juni
Frau Poenicke 90 Jahr alt
Frau Selma Poenicke, die Witwe des 1933 verstorbenen Baumschulenbesitzers Eduard Poenicke, konnte ihren 90 Geburtstag feiern. Sie hat 11 Kindern das Leben geschenkt und ist Inhaberin des Goldenen Ehrenkreuzes der deutschen Mütter. Von ihren direkten Nachkommen leben noch 9 Kinder, 17 Enkel und 22 Urenkel. Die Geburtstagsfeier, die gleichzeitig ein Familientag der Sippe Poenicke war, konnte die Jubilarin im Kreise ihrer Angehörigen feiern.

23. Juni
Woche der Hitlerjugend
Die vorige Woche galt der Hitlerjugend. Am Montag den 14. Juni war die Jugend des Bannes auf dem Marktplatz zum Standortappell angetreten. Auch der Bannmusikzug war zur Stelle. Nach der Flaggenhissung wehte die Fahne vom Rathaus herab. Der Bannführer sprach zur Jugend. Es erfolgte das Treuebekenntnis für den Führer und das Fahnenlied. Den Schluß bildete ein Vorbeimarsch vor dem Bannführer. Mittwoch den 16. Juni fand ein Geländespiel statt. Zwei Fähnlein hatten die Aufgabe, eine Anzahl Pakete zum Roßplatz zu bringen, der durch die anderen Fähnlein gesperrt war. Gegen 15 Uhr begann der Kampf. Eine Menge Delitzscher folgte mit Interesse dem Spiel. Trotz Wachsamkeit gelangten alle Pakete auf den Roßplatz. Die Jungmädelspielschar belustigte sich unterdessen auf dem Schützenhof mit Spiel und Gesang und beim Kasperletheater, den Höhepunkt bildete das Märchenspiel "Hänsel und Gretel". Freitag den 18. Juni fand auf dem Roßplatz die Vorführung von Löschübungen der Feuerwehrschar statt. Die Woche der Hitlerjugend fand am Sonntag ihren Abschluß durch das Bannsportfest auf dem Sportplatz an der Elbritzmühle.

21. Juni
Schützenkönig 1943
Das diesjährige Schützenfest fand am gestrigen Sonntag mit dem Einzug des Schützenkönigs sein Ende. Schützenkönig wurde Willi Wilke. Im Kleinkaliberschießen gab Franz Reyher jun. den besten Schuß ab und wurde zum Kronprinzen erklärt.

30. Juni
50 Jahre Wilhelm Unger
Die am 1. Juli 1893 von dem Schmiedemeister Wilhelm Unger auf dem Grundstück Eisenbahnstraße 10 in Delitzsch eröffnete Schmiedewerkstatt kann am Donnerstag auf ein 50jähriges Bestehen zurückblicken. Durch Einheirat übernahm am 1. Oktober 1919 Schmiedemeister Franz Eilenberger den Betrieb.

14. Juli
Dr. Hugo Kranz gestorben
Im Alter von 65 Jahren ist gestern vormittag der praktische Arzt Dr. med. Hugo Kranz infolge Herzschlages gestorben. Mit Dr. Kranz ist nicht nur ein tüchtiger Arzt gestorben, sondern auch ein Mann, der ob seines lauteren Wesens und seiner aufrechten Sinnesart sich allgemeiner Beliebtheit erfreute und dessen Tod deshalb auch allseits aufrichtig bedauert wird. Allen Volksgenossen, die ihn um Rat und Hilfe angingen, war er stets ein fürsorglicher, jederzeit einsatzfreudiger Helfer gewesen. Von vorbildlichem Arbeitseifer beseelt, war er immer unermüdlich tätig und auf das Wohl seiner Patienten bedacht, so daß er sich in den mehreren Jahrzehnten, die er in Delitzsch praktizierte, nicht nur einen großen Freundes- und Bekanntenkreis schaffen konnte, sondern sich darüber hinaus sogar – nicht zuletzt auch dank seiner Leutseligkeit – den Ruf echter Volkstümlichkeit erwarb. Dr. Kranz plötzlicher Tod ruft nicht nur allgemein tiefes Mitgefühl hervor, sondern er wird auch zu manchem stillen "Danke" Anlaß geben.

22. Juli
Die Wüste Mark Gerltitz
Vor hunderten von Jahren gab es im heutigen Kreis Delitzsch noch einmal so viel Dörfer wie heute. Das Verschwinden so vieler einstiger Wohnstätten der Menschen in hiesiger Gegend ist wohl weniger den Einwirkungen des Krieges, wie allgemein angenommen wird, zuzuschreiben, sondern die Erklärung dafür liegt schließlich in der zu jener Zeit schnell fortschreitenden Kolonisation auf dem Lande. Als zu jener Zeit sich große Herren aus anderen Landesteilen in unserer Gegend, der damaligen Heimat der Sorbenwenden, ansiedelten, war es ihr Bestreben, möglichst große Ländereien zur Ausbeutung in Besitz zu bekommen. Die Sorbenwenden, denen von den landfremden Eindringlingen ihr bis dahin innegehabter Grund und Boden, der ihre Lebensgrundlage bildende Wald, genommen wurde, unterlagen gar bald den Folgen der Kolonisation, sie sanken von freien Bauern zu Hörigen herab, und kamen in kurzer Zeit unter die Botmäßigkeit der nunmehrigen Herren. So kam es, daß die Sorbenwenden ihre einstigen Heime verließen und sich den Städten zuwandten. Die Dörfer verödeten und es entstanden die "wüsten Marken". In ähnlicher Weise mag auch das Schicksal über das einstige Dorf Görlitz, dessen Name im Laufe der Zeit in Gerltitz, Ghörlitz oder Gerlitz wechselte, hereingekommen sein. Das Dorf Görlitz war, den Überlieferungen nach, etwa 150 Meter nördlich der Dübener Straße gelegen, in welcher Gegend noch ab und zu Reste der alten Baustätten bei Feldarbeiten aufgefunden wurden. Die Reste der einstigen Dorfkirche sollen beim Bau des "Forsthauses Delitzsch" verwendet worden sein. Die Stadt Delitzsch ist seit langem Besitzerin der Feldmark, in der einst das Dorf Görlitz gelegen war. Nach alten Chroniken kam es im Jahr 1404 an die Stadt Delitzsch. Die Geschichte des Dorfes Görlitz geht also auf ungefähr 600 Jahre zurück und so kann sein Verschwinden schon lange vor dem 30jährigen Kriege angenommen werden.

16. August
Die Parteiführer d. Kreises
Im Rathaussaal zu Delitzsch versammelte sich Sonnabend nachmittag das Führerkorps der Partei des Kreises Delitzsch zu einer Dienstbesprechung, die ihre besondere Note durch die Anwesenheit des Gauleiter–Stellvertreter Tesche erhielt. Kreisleiter im Amt Kurt Petzsche, unter dessen Leitung die Arbeitstagung stattfand, gab eine Reihe von Anordnungen bekannt. Nach dem Kreisleiter im Amt sprachen die Kreisamtsleiter Hartmann, Lüttig und Professor Dr. Dobers über Fragen ihrer Aufgabengebiete. Eine längere Aussprache erfolgte und andere Kreisamtsleiter und Ortsgruppenleiter nahmen dazu das Wort. Dann gab Gauleiter-Stellvertreter Tesche einen umfassenden Lagebericht und stellte dem Führerkorps besonders die Aufgabe in der jetzt so schweren Zeit, stets allen Volksgenossen in der Haltung zu sein.

1. September
Das Delitzscher Moorbad
Der Grund und Boden des Stadtgebietes Delitzsch zeichnet sich durch zwei Bodenschätze besonders aus: durch die Stahlquelle und das Moorbad. Ist die Stahlquelle als heilungsbringender Kraftquell schon längere Zeit bekannt gewesen, so ist dagegen die Auffindung des Moors noch sehr jungen Datums. Zehn Jahre sind es jetzt her, daß in Delitzsch erstmalig Moor für Heilzwecke gegraben wurde. Es war um den 1. September 1933 herum, als der damals neue Pächter des Delitzscher Viktoriabades Willi Fuchs bei Arbeiten in der Umgebung des Bades Moor fand, das ihm aus seiner früheren Praxis in Jena wohlbekannt war. Es war kein leichter Weg, den der Pächter des Moorbades seit seiner Entdeckung gehen musste. Manche Widerstände musste er erst beseitigen, manche Zweifel an dem Wert des Delitzscher Moors beheben. Aber Beharrlichkeit führte auch hier zum Ziel. In den verflossenen zehn Jahren ist nun das Moorbad dank der Tatkraft seines Inhabers so ausgebaut worden, daß es ein den modernen hygienischen und heilkundlichen Erfordernissen in jeder Hinsicht entsprechendes Bad darstellt. Die Moorvorräte direkt auf dem Grundstück des Viktoriabade sind inzwischen stark zur Neige gegangen. Das tut aber der Weiterführung des Bades als Moorbad absolut keinen Abbruch. Denn die Stadt Delitzsch besitzt ja auf ihren Wiesen und anderen Besitzungen noch weitere so umfangreiche Moorvorkommen, daß über die Erschöpfungsmöglichkeit der Quellen vorerst keinerlei Sorge aufzukommen braucht. In der Nähe des Sorauer Bahnhofes wird seit einiger Zeit Moor gestochen, das an Qualität dem bisherigen in jeder Weise gleichkommt, wenn es dieses nicht sogar übertrifft. Heute steht schon fest, daß die Delitzscher Moorvorkommen noch mindestens für das nächste Jahrhundert ausreichen. Vom Standpunkt der Volksgesundheit aus gesehen, bedeuten die zehn Jahre Moorbad Delitzsch jedenfalls einen sehr beachtlichen Fortschritt.

6. September
Tag der Wehrertüchtigung
Zum Tag der Wehrertüchtigung am gestrigen Sonntag war auch die Hitlerjugend des gesamten Bannbereichs Delitzsch angetreten, um unter Beweis zu stellen, mit welchem Ernst sie die Vorbereitung zum Waffendienst für Großdeutschlands Freiheit und Größe betreibt. Rund 500 Hitlerjungen aus den Städten Delitzsch, Eilenburg, Landsberg und den Landgemeinden des Kreises Delitzsch waren zu den Veranstaltungen dieses Tages im Schützenhof in Delitzsch aufmarschiert und überzeugten die dazu erschienenen Vertreter von Partei und Wehrmacht von dem in ihren Reihen herrschenden Geiste stolzer Wehrfreudigkeit. Nach Aufstellung der Einheiten begrüßte K.-Hauptsturmführer Miebach die Ehrengäste und die angetretene Jugend. Anschließend fand eine Besichtigung der im Schützenhof gezeigten Ausstellung durch die Ehrengäste und H-J.-Führer statt. Diese Ausstellung zeigte interessante Ausschnitte aus der gesamten vormilitärischen Ausbildung der H.J. So waren u.a. zu sehen, eine Abteilung der Feldschere, eine Abteilung der Nachrichten H.J. mit Kabelrosten, Feldfernsprechern und dergleichen, eine Abteilung der Motor H.J. mit verschiedenen Aparaturen zum Funkbetrieb, eine Abteilung der Marine H.J. mit Navigationstafeln, Karten, Seezeichen, Leuchtbojen u.s.w. Nach dem Rundgang durch die Ausstellung folgte der praktische Teil des Tages der Wehrertüchtigung. Es folgte die Abschlußkundgebung vor dem Schützenhof mit dem gemeinsam gesungenen Fahnenlied der H.J.

9. September
Italien
Es wird hier bekannt, daß der italienische Oberbefehlshaber Badoglio, und der italienische König dem britischen Oberbefehlshaber Eisenhower die Kapitulation der italienischen Streitkräfte angeboten hat. Eisenhower hat die Kapitulation angenommen. Damit ist Italien als Verbündeter in diesem Kriege ausgeschieden.

17. September
Hitlerjugend
Im Rahmen der Erfassung der Hitlerjugend zum Jugenddienst findet am Sonntag vormittag auf dem Schloßhof in Delitzsch ein Erfassungsappell der Hitlerjugend statt. In diesem Appell haben sämtliche männlichen Jugenddienstpflichtigen des gesamten Standortes Delitzsch im Alter von 16-18 Jahren anzutreten.

21. September
Gemeinschaftsgaststätte
Am heutigen 21.September besteht die Gemeinschaftsgaststätte Delitzsch ein Jahr. Sie wurde damals im "Bismarck-Keller" eröffnet und ihrem Zweck, den Berufstätigen, die nicht im Haushalt ihrer Familie ihr Mittagessen einnehmen können und alle Delitzscher Volksgenossen, die einen Einzelhaushalt haben, mit den vorhandenen Marken ein besseres Essen zu verabreichen, hat sie in dieser Zeit weitgehend gedient.

1. Oktober
50 Jahre Firma C. Exner
Am heutigen 1. Oktober kann der Schuhmachermeister und Schuhhändler Carl G. Exner, Delitzsch, Breite Straße 19, sein goldenes Geschäftsjubiläum begehen. Vor nunmehr fünfzig Jahren, im Jahre 1893, gründete er sein Geschäft und führt es noch heute in alter Tatkraft. Aus kleinsten Anfängen heraus entwickelte er es zur heutigen angesehenen und neuzeitlichen Schuhverkaufsstelle. An Ostern dieses Jahres konnte er auf eine 62jährige Berufsausübung zurückschauen. Der Jubilar steht heute im 77. Lebensjahre und erfreut sich trotz seines immerhin hohen Alters noch guter körperlicher und geistiger Rüstigkeit, was sich erfreulicherweise auch auf seine geschäftliche Tätigkeit auswirkt.

2. Oktober
Luftwarnsignale
Bei Fliegerangriffen sind drei Luftwarnsignale zu beachten:

1. Öffentliche Luftwarnung (dreimalige Wiederholung eines hohen Dauertones von etwa 15 Sekunden Länge. Jedes Intervall beginnt mit einem ansteigenden und   endet mit einem abklingenden Ton. Dauer des gesamten Signals etwa 1 Minute).
2. Fliegeralarm (Auf- und abschwellender Heulton. Gesamtdauer 1 Minute.)
3. Entwarnung (Hoher gleichbleibender Dauerton. Gesamtdauer 1 Minute.)
Bei Auslösung des Fliegeralarms sind sofort die Luftschutzräume aufzusuchen, da mit einem Luftangriff zu rechnen ist.

9. Oktober
Delitzscher Eisenbahn AG
Die Delitzscher Eisenbahn AG steigerte im Geschäftsjahr 1941/42 (30. Juni) ihre Einnahmen aus dem Personen- und Gepäckverkehr von 154.000 RM auf 180.000 RM. Dagegen blieben die Einnahmen aus dem Güterverkehr mit 157.000/158.000 RM fast unverändert. Außerordentliche Erträge sind wiederum gering. Andererseits stiegen auch die Aufwendungen für Gehälter und Löhne, für Erneuerung, Unterhaltung und Ergänzung der Betriebsmittel, während die Kosten für Unterhaltung der baulichen Anlagen um 11.000 RM geringer waren. Nach Abschreibungen auf das Anlagevermögen in Höhe von 25.000 (22.000)RM, sowie nach 19.000 (382) RM Zuweisungen an die gesetzliche Rücklage und wieder 36.450 RM an den Erneuerungsstock ergibt sich ein Verlust von 4.451,06 RM, um welchen sich der Gewinnvortrag aus dem Vorjahr von 7.260,41 RM auf 2.809,35 RM senkt. Bei einem A.K. von 3.122.000 RM betragen die Verbindlichkeiten 71.000 RM. Fast unverändert stehen Bahnanlagen mit 1.461.000 RM zu Buch. Das Umlaufvermögen, das sich aus Stoffvorräten, Wertpapieren, Forderungen und Bankguthaben zusammensetzt, beträgt 306.100 RM. Es hat sich gegen das Vorjahr um rund 55.000 RM erhöht. Die G.V. der Gesellschaft wurde in Halle a./S. abgehalten.

22. Oktober
Taschenlampen
Bei eintretender Dunkelheit ist für alle Hand- und Taschenlampen die im Freien benutzt werden Blaulicht vorgeschrieben. Unter allen Umständen hat das Anleuchten von Personen und Fahrzeugen zu unterbleiben, da es dabei leicht zu Unfällen kommen kann. Erst vor kurzer Zeit hat sich hier ein solcher Fall ereignet, wo ein Mann durch solch eine Blendung an den Baum gelaufen ist und sich schwer verletzt hat.

29. Oktober
Die Zuckerrübenernte
In diesem Jaher hat die deutsche Zuckerrübenernte, die gut ausgefallen ist, auch noch die zusätzliche Aufgabe zu erfüllen, die weniger gute Kartoffelernte insofern auszugleichen, als ein bestimmeter Teil der Zuckerrüben zur Gewinnung von Spiritus abgezweigt wird. Die Zuckerrübe stellt also als ein äußerst vielseitigen Rohstoff ein Bindeglied zwischen Landwirtschaft und Industrie dar und bedeutet nicht nur in übertragener Bedeutung eine wichtige Energiequelle. Ein großer Teil der mit Zuckerrüben bebauten Fläche unseres Kreises Delitzsch ist – dank der überaus günstigen Witterung der vergangenen Herbstwochen – bereits abgeerntet. Ein erkleckliches Stück Arbeit erwächst alljährlich unseren Bauern mit der Einbringung der Rübenernte. Besonders in Jahren, in denen um diese Zeit der Boden bereits gefroren ist, macht das Ernten Sorge. Aber in diesem Jahre haben unsere Bauern und Landarbeiter, zumal auch die Ernte mengenmäßig gut ausfällt, ihre Freude an der Arbeit. Allerdings wird die veraltete Methode des Rübenrodens immer seltener angewendet. Man hat sich heute mehr dem Pommritzverfahren zugewandt. Damit werden Kraut und Rübenspitzen mit dem Köpfschippen oder auch dem Köpfschlitten abgeschnitten.

1. November
Max Jungnickel
Der Dichter Max Jungnickel, eine hier beliebte und bekannte Persönlichkeit, der am 7. Oktober 1890 zu Saxdorf im Kreise Liebenwerda als Sohn eines Bahnwärters und einer Dorfschneiderin geboren, dann das hiesige Lehrerseminar besucht, um Lehrer zu werden, aber es vorzog, sich als Dichter und Schriftsteller in harten Jahren durchzukämpfen, hat für seine besonderen künstlerischen Leistungen den Kulturpreis des Gaues Halle-Merseburg für das Jahr 1943 erhalten. Max Jungnickel, dessen Bruder als Bahnbeamter in Delitzsch seit Jahren wohnt, hat gar oft schon hier aus seinen Werken gelesen. Im Jahre 1913 erschien sein erstes Werk "Der Himmelsschneider", ein Märchenspiel. Im ersten Weltkrieg wurde er als Soldat verwundet. Er hat eine große Anzahl von Gedichten, Märchenspielen, Erzählungen und Romanen geschrieben, die teils heiterer und teils ernster Art sind. Aus dem Weltkriegserlebnis enstanden seine Bücher "Brennende Sense", "Meldung!" und "Der Mythos der Soldaten". Reichhaltig sind auch seine andern Erzählungen.

23. November
A. Renner
Der Abteilungsführer der Freiwilligen Feuerwehr, Stadtbaumeister Alfred Renner, Delitzsch, wurde, wie der Regierungspräsident im Amtsblatt der Regierung in Merseburg bekannt gibt, zum Stellvertreter des Oberabteilungsführers der Freiwilligen Feuerwehr und stellvertretenden feuerwehrtechnischen Aufsichtsbeamten für den Regierungsbezirk Merseburg ernannt.

28. November
Kraft durch Freude
Die große deutsche Freizeitorganisation, die NS Gemeinschaft "Kraft durch Freude" kann nun mehr auf eine zehnjährige Wirksamkeit zurückblicken. In den Jahren des Friedens waren die "Kraft durch Freude" Reisen mit der Eisenbahn und auf Schiffen das hervorragende Merkmal. 545 Hochseefahrten über Ozeane mit ¾ Millionen Teilnehmern in den knapp 5 Jahren von 1935-1939 sind wahrlich ein stolzes Dokument. Dem deutschen Arbeiter wurde nicht nur die Heimat neu vor Augen geführt, es wurden ihm auch die Schönheiten der Welt offenbart. Einer neuen Arbeiterkultur wurde zum Durchbruch verholfen. Wir dürfen auch im Kreise Delitzsch mehr als stolz auf die hervorragende Leistungen der NSG "Kraft durch Freude" sein, die alles daransetzt, mit ihrem Werk der Feierabendgestaltung den großen Gemeinschaftsgedanken weiterhin planmäßig zu fördern.

1. Dezember
Otto Meister
Stadtsekretär Otto Meister tritt mit dem heutigen Tage krankheitshalber in den Ruhestand. Ein bösartiges Augenleiden zwingt den noch in den besten Jahren befindlichen Beamten seinen Dienst aufzugeben. Meister war seit 1920 im Polizeivollzugsdienst und danach im Einwohnermeldeamt tätig.

5. Dezember
Flugblätter
Die hiesige Polizeibehörde macht bekannt: Auf unser Gebiet sind in letzter Zeit wieder feindliche Flugblätter abgeworfen worden. Jeder anständige Volksgenosse weiß, wie er sich zu den Machenschaften der feindlichen Agitation zu verhalten hat und sofort derartige Flugblätter bei der nächsten Polizeistation abzuliefern hat. Wer der Pflicht der sofortigen Ablieferung nicht nachkommt, macht sich strafbar.

17. Dezember
Weihnachtsbäume
Wieder einmal ist der Wald in die Stadt gekommen. Gestern und vorgestern konnte man es beobachten, wie die harzduftenden Weihnachtsbäume durch die Straßen getragen wurden, dem heimischen Keller oder Hofraum zu, wo sie noch einige Tage dem kommenden Fest entgegenträumen werden, wie unsere Kinder in dieser Zeit vor dem Lichtfest zu träumen pflegen. Nun wissen wir: Jetzt ist es nicht mehr weit, das schöne alte, deutsche Weihnachtsfest, das, wenn auch Mars die Stunde regiert, uns alle, jung und alt, so wundervoll in seinen Bann schlägt und uns mit seinem ganzen Zauber umgibt.

18. Dezember
Dr. Zaar, der Chefarzt des Delitzscher städtischen Krankenhauses, hat am letzten Donnerstag seine Tätigkeit wieder aufgenommen, nachdem er vier Jahre und vier Monate im Fronteinsatz gestanden hatte. Sein bisheriger Vertreter Dr. J. Perker der zweieinhalb Jahre lang seinen Posten versah und sich gleich ihm weitgehender Sympathien erfreute, wird nach Ablauf seines Dienstvertrages am 1. Januar Delitzsch verlassen und einen ähnlichen Posten übernehmen.

27. Dezember
Vor 300 Jahren – die Wirren des dreißigjährigen Krieges suchten Deutschland heim – bereiste ein "landfremder" Hesse, Wilhelm Dillich, im Auftrage des Kurfürsten von Sachsen das Sachsenland, um Motive für den Riesensaal des Dresdner Schlosses zu suchen. Er kam auch nach Delitzsch, um hier Aufnahmen zu machen. Die damals entstandene Federzeichnung Dillichs kennzeichnet die umringte Stadt mit Mauer und Turm, Tor und Pforte, Wall und Graben. Der Blick fällt besonders auf stadteigene Merkmale. Hospital und Hospitalkirche, Hallischer Torturm, Schloß mit Schloßturm, Rathaus, Henkerturm am Stadtgraben, Marienturm - oder Gottesacker Kirche. Dillich vergißt nicht, auch landschaftliche Eigenarten einzufügen. So erblicken wir auf dem Bild Windmühlen als Sinnbild des Delitzscher – Bitterfelder Mühlenlandes. Die Aufnahmen der Bilder begann 1626. Sein Hauptquartier hatte Dillich während dieser Zeit in Wittenberg.